Gesamtübersicht Fallbeispiel 02

Einsatzauftrag
Durch die Rettungsleitstelle wurde folgender Einsatzauftrag gemeldet:
  • Laryngitis (Red.: Entzündung des Kehlkopfes)
  • Kind, männlich, 10 Jahre
  • atmet nicht 
  • ganz rot

 
Situation am Notfallort
Am Berufungsort (BO) erwartet uns ein sehr aufgeregter ca. 30 Jahre alter Mann (Vater) heftigst mit den Händen winkend. Er sagt uns sein Sohn bekäme plötzlich keine Luft mehr und er habe Angst, dass sein Sohn jetzt sterben muss. Die Wohnung liegt im EG (5 Stufen) eines Altbaus, guter Sozialstatus. Das Kind sitzt ansprechbar in Orthopnoe (Red.: =  höchste Atemnot (Dyspnoe), kann nur aufrecht sitzend unter Zuhilfenahme der Atemhilfsmuskulatur kompensiert werden), massiv dyspnoeisch auf einer Couchbank. Die Hautfarbe ist aschfahl - leicht bläulich (ganz dunkle Augenringe, dunkle Lippen, Zunge so blau, wie ich es noch nie gesehen habe (Leichen schauen besser aus!)). Das Kind kann nicht sprechen und zittert vor Angst. Der Vater steht mittlerweile ruhig und kooperativ in einer Ecke.

 
Messwerte bei Eintreffen an der Einsatzstelle:
Die Ärztin auskultiert die Lunge (kein Rasselgeräusche, wenig Ventilation, sonst ohne Befund). 
Es folgt das Setzen eines Venflons (grün, rechter Handrücken) und die eine Infusion mit Ringer Lactat langsam tropfend zum offen
halten.

Vitalparameter:

  • RR 120/80
  • Puls 130 (SR)
  • SpO2 86

 
Weiterführende Maßnahmen 1:
Vom Fahrer wird währenddessen der O2 gebracht. Auf Anweisung der Ärztin geben wir 6 ml L-Adrenalin (1:10000 spritzfertig) in den Vernebler (Adrenalin wird unter O2 Gabe "vernebelt" und so inhaliert --> Abschwellung) und schließen 4 l/min O2 an.

Dies wird vom Kind sehr gut inhaliert und nach ca. 2 - 3 Min. tritt eine massive Besserung ein (subjektiv und objektiv). Das Kind wird ins
Fahrzeug verbracht (tragend auf den Armen des Kollegen, während dessen ständige Vernebelung).

Im Fahrzeug erfolgte eine Voranmeldung in der Kinderklinik auf der Intensivstation mit der Diagnose: akute Laringitis, sehr schlechter AZ, schlechte Atmung!

Zusammenfassung Maßnahmen:

  • 6 ml Adrenalin über Vernebler
  • 4 l/min O2

 
Werte und Anamnese 2:
Das Kind hatte in der letzten Zeit keinen nennenswerten Infekt, lt. Vater. Das Kind sagte uns dann später, dass es bereits heute beim Fußballspielen einmal leichte Probleme mit der Atmung gehabt habe, doch die nach einer kurzen Pause sich spontan gebessert hatte.
Im Fahrzeug:
  • Überwachung RR
  • Überwachung SpO2
  • Überwachung Puls

 
Weiterführende Maßnahmen 2:
Weiterer Einsatz des Verneblers mit der Verwendung von 4 l O2.
Gabe von 5 mg Gewacalm (Diazepam) i.v. und weiter 5 mg in die Infusion, die mittlerweile zügig tropft.
Das Kind ist bei der Abfahrt fast beschwerdefrei, doch ein Absetzen des Verneblers ist dennoch nicht möglich, da das Kind uns das Ding einfach
nicht mehr hergab!
Der Transport erfolgte unter der Verwendung von Sondersignalen und in Begleitung des Vaters unter ständiger Intubationsbereitschaft und Bereitschaft zur Koniotomie (Red.: Hautschnitt in die Trachea, ähnlich Tracheotomie bei Verlegung der oberen Luftwege).
Der Transport erfolgte ohne weitere Probleme.
Messwerte knapp vor der Ablieferung:
  • RR: 115/80
  • SpO2 99 (!!!)
  • Puls 145

 
Übergabe in der Klinik und endgültiger Befund:
Im Krankenhaus:
Übergabe an das Intensivteam (2 Ärzte 2 Schwestern).
Diagnose lt. KH: akute obstruktive* Laryngitis noch unklarer Genese 
(12 Stunden nach Einlieferung), in der Nacht ein weiterer Atemnotschub (beherrschbar),
danach beschwerdefrei. Nach 2 Tage Entlassung auf eine Normalstation.

Red.: obstruktiv = verschlossen, verlegt oder verstopft